Informelles

Reiserücktrittsversicherungen (RRV)

12. März 2018

Sie treten ein (wenn man sie denn abgeschlossen hat, smile), wenn eine Erkrankung unerwartet auftritt. Nur dann!
Über nichts streiten aber Versicherungen mit Kunden so häufig, wie über die Frage, ob eine Erkrankung oder ein Ereignis unerwartet  genug war.
Patienten glauben nämlich, dass ihnen, wenn ein Malheur passiert oder eine Erkrankung eintritt, mit dem Abschluss einer RRV, Storno- oder Umbuchungskosten erspart bleiben.
Hahahahahaha….
Dieser Beitrag könnte auch mit dem Titel „RRV erstatten Resisekosten“ am 1.April veröffentlicht werden.
Einige Beispiele?
Sollte eine Reise mit Paypal bezahlt sein, kann man über PP auch die RRV abschließen. Kostenlos, wenn man über ein Jahr abschließt und nicht mehr als 300€ erstattet bekommen möchte. Für höhere Erstattung zahlt man 15€ (Premium) oder 30€ (Familie).
Laut Police erstattet PP aber nur, wenn der Reiserücktrittsgrund auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. 
Wer beim Tennisspiel umknickt, ist selber schuld. Laut deutscher Rechtssprechung beschränkt sich höhere Gewalt eigentlich nur auf Naturkatastrophen. 
Mittlerweile hat PP nachgebessert und etwas präziser Ausschlussgründe definiert. 
Verbraucherschützer empfehlen PP trotzdem weiterhin nicht. 
Chronische Erkrankungen sind für RRV immer ein Grund, Leistungen zu verweigern.
Wer an Osteoporose leidet muss mit einer Wirbelfraktur rechnen! Sie ist kein Grund eine Reise nicht anzutreten. Allerdings wurde gerade ein mehrfacher schwerer Wirbelbruch bei Osteoporose vor Gericht als Reiserücktrittsgrund anerkannt.
Bei bestehenden Erkrankungen sind RRV fast immer aus dem Schneider: Wenn in den 6 Monaten vor Reiseantritt eine Behandlung beim Arzt wegen eines bestimmten Leidens erfolgt, schließen die Versicherungen Leistungen aus.
Auch die Umstellung auf neue Medikamente schließen eine Haftung aus. Wer sich in laufender Therapie befindet braucht über eine Erstattung der RRV gar nicht nachdenken.
Es gibt aber auch Ausnahmen: wer sich in ständiger Behandlung und in einer „stabilen Phase“ befindet (multiple Sklerose, Epilepsie ohne Anfälle…) kann auf Erstattung hoffen.
Er sollte sich aber vor Abschluss einer Police ein Attest des behandelnden Arztes holen und es der Versicherung vorlegen. Ein Vertragsabschluss garantiert dann Erstattung.
Mit den Attesten ist es aber so eine Sache:
Wer vor Urlaubsantritt von einer schweren Magen/Darmerkrankung befallen wird und ein entsprechendes Attest der Versicherung vorlegt wähnt sich in Sicherheit. Pustekuchen!
Ein aktuelles Gerichtsurteil kam zu dem Schluss, dass nur weil ein Arzt sich die Leiden des Patienten angehört und ein Attest ausgestellt habe, noch lange kein Nachweis bestünde, dass es sich um eine schwere Erkrankung gehandelt habe. Ohne Labor und medizinische Beweise keine Erstattung.
Völlig außen vor sind psychische Erkrankungen. Eine schwere depressive Phase wird nur anerkannt, wenn nachweislich eine schwere seelische Erkrankung dahinter steckt. Und die erfordert medizinische Behandlung, teils medikamentös, teils psychiatrisch oder psychologisch. Wer aber in ständiger Behandlung ist….
Verrückterweise geht es aber auch ganz einfach: Eine einfache Erkältung oder eine Nebenhöhlenentzündung reichen als Grund aus. Nicht für die Kreuzfahrt oder das Wellness Hotel, aber für den Tauchurlaub oder die Gebirgstour auf 7000er. Denn dann sind die Erkrankungen (lebens)gefährlich!
Erkrankung und Reiseziel haben also Bedeutung: Mit Beinbruch kann ein Strandurlaub erfolgen, eine Trekkingtour nicht.
Man sollte aber unbedingt sofort der RRV melden, wenn absehbar wird, dass eine Reise nicht angetreten werden kann. Auf keinen Fall bis zum letzten Drücker auf Heilung hoffen. Das wird teuer und die Versicherung hat einen Grund mehr gar keine Leistung zu gewähren.

„Wer zahlt, wenn der Urlaub flachfällt?“, N.Oberhuber, FAZ 4.3.18