Informelles

Krank werden im Krankenhaus

5. November 2018

„Gesund ist das nicht“ heißt der Titel eines Artikels der FAS vom 21.10.18. M.Brendler befasst sich mit einem seit längerem beobachtetem Phänomen: Patienten, die stationär (also in einem Krankenhaus) behandelt worden sind, kehren, kaum sind sie entlassen, häufig mit der selben, aber auch völlig anderen Erkrankungen zurück. In Zahlen:  innerhalb eines Monats kehrt jeder Dritte zurück und jeder Sechste wird  wieder stationär aufgenommen. Ein „Drehtüreffekt“.
H. Krumholz, Yale University, hat sich mit möglichen Ursachen befasst. Er kommt zu dem Schluss, dass die eigentliche Erkrankung, die den Patienten zum ersten Mal in ein Krankenhaus gebracht hat NICHT verantwortlich dafür ist. Vielmehr sei es die Art, wie mit Patienten umgegangen wird: das regelmäßige Stören des Schlafs (Bludruckmessen in der Nacht, Bettenmachen vor 6:00), unzureichende Schmerzbehandlung, lieblose Ernährung, das Gefühl ausgeliefert zu sein und dass Fremde über den Tagesablauf bestimmen, während man selbst oft über relevante Dinge wie Untersuchungsergebnisse, Prognosen oder Therapiepläne im Unklaren gelassen wird. Dazu die Entmündigung, wenn man als gestandener, erwachsener Mensch auf einmal in ein hinten offenen Flügelhemdchen gezwungen wird.
Mir erzählen Patienten häufig davon, dass sie während eines stationären Aufenthalts kaum einen Arzt gesehen haben und wenn dann doch, war das Gespräch kurz.
Mancher Arzt kommt auf die verrückte Idee, während eines stationären Aufenthalts mittels Reduktionskost eine Diät zu beginnen. Dabei benötigen Patienten in dieser Stresssituation unbedingt ausreichende Ernährung.
Das alles führt zu einer verminderten Körperabwehr, geschwächten Muskulatur und gestörten Koordination, ein Nährboden, der, mit der unmittelbar nach Operationen oft einsetzenden Verwirrung insbesondere älterer Patienten, erneute Erkrankungen zulässt. Man nennt es „Post-Hospital-Syndrom“.
Hinzukommen wirtschaftliche Aspekte.
Für die Behandlung einer Komplikation während stationären Aufenthalts wird wesentlich weniger bezahlt, als für die erneute stationäre Behandlung.
Krankenhäuser sind also gar nicht daran interessiert in das Wohlbefinden der Patienten zu investieren.