Informelles

Konzentration ist (k)eine Kunst

22. Januar 2018

Konzentration (K) ist die Fähigkeit seine Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten, während gleichzeitig andere Dinge bewusst nicht, oder weniger, wahrgenommen werden. 
Konzentration folgt, wie das Spotlight auf der Bühne dem Hauptdarsteller. Nur er ist zu sehen, alles andere wird matt, schattig, unscharf.
Unser Gehirn ist dazu gezwungen. Ohne K würden alle Sinne im gleichen Maß Informationen liefern, eine Flut von „Input“, medizinisch neuronale Reize (NR), würde unsere Wahrnehmung völlig überfordern.
Wie schafft das unser Gehirn?
Es muss alle wichtigen nR synchronisieren. Wie in einem PC benutzt es einen Arbeitsspeicher, in dem wichtig und unwichtig selektiert wird. Unwichtiges wird ausgefiltert. 
Berühmt ist das Experiment, in dem Versuchspersonen eine Spielsituation in einem Video analysieren sollen: Hat das schwarze oder weiße Team mehr Ballwürfe. Die wenigsten bemerken im Laufe des Videos einen im Hintergrund mit Gorillakostüm hin- und herlaufenden Menschen. Ihre Konzentration hat alles außer dem Zählen der Ballwürfe ausgeblendet.
Der Arbeitsspeicher ist allerdings sehr anfällig für Ablenkung.
Wissenschaftler unterscheiden sensorische- von emotionaler Ablenkung.
SA erfolgt von außen, z.B. ein lauter Knall, eine Sirene, starker Geruch usw. EA erfolgt von innen, z.B. Sorge, Liebeskummer, ungelöste Konflikte, aber auch Überschwang, wie große Begeisterung.
Festzustellen ist, dass das Ablenkungspotential unserer Umwelt zunimmt. Deshalb wird K zunehmend zum Forschungsobjekt. Messbar ist, dass Störungen der K fähigkeiten Krankheiten hervorrufen oder beeinflussen: ADHS (Aufmersamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom), Depressionen, Burnout.
Auch die Nachfrage nach K steigernden  Medikamentenstiegt seit Jahren.
Der Sozialwissenschaftler und Nobelpreisträger Herbert Simon hat bereits in den 70ern festgestellt: „Ein Reichtum an Information schafft eine Armut in der Aufmerksamkeit“.
Es ist nicht schwer zu erkennen, wie die Verbindung aus modernen PCs, Smartphones und Tablets in Verbindung mit den neuen „social medias“ Aufmerksamkeit verschlingt. Studien zeigen, dass amerikanische Teenager im Schnitt 100 Nachrichten am Tag erhalten und versenden. Viele verbringen mit Twitter, Facebook, Snappchat, WhatsApp usw. mehr Zeit als mit echten Menschen.
Das alles schafft auch neue Begriffe. „Pizzled“ hat es in den Wortschatz geschafft. Zusammengesetzt aus puzzeld (verblüfft) und pissed (beleidigt) beschreibt es das Gefühl von jemandem, dessen gegenüber , wenn jemand mitten im Gespräch sein Mobile zückt um zu schreiben oder zu antworten.
Das Beitragsfoto ist nicht gestellt. Es zeigt 4 junge Damen in einer urigen Hütte in Ischgl. War das nicht früher anders?
Was tun? 
Der Psychologe D. Golemann schlägt vor K wie einen Muskel zu trainieren. Etwa mit Meditation, Musizieren, Sprachenlernen, Lesen,  das Auswendig lernen von Gedichtzeilen, oder K Spiele, wie Schach. Wichtig ist, dass die Aufgabe fordert und Spaß macht.  Kaum ein Erwachsener kann sich allerdings länger als 90 Min. konzentrieren. Nach einer Phase hoher K sollte eine kurze Phase der Zerstreuung folgen. Dazu gehört gesunder und ausreichender Schlaf.
Der wichtigste Rat ist aber die Reizflut zu dämmen und von Zeit zu Zeit das Mobile auszuschalten, keine Emails zu checken und soziale Medien zu ignorieren.

Aus „Gesundheit aktuell“, UKV, 4 / 2017