Informelles

Ihr Frauen, steht auf!

3. Juni 2019

Die FAZ 21.April 2019 befasst sich mit dem Ratschlag, den Schwangere immer noch von Ärzten erhalten, wenn irgendwelche Schwierigkeiten in der Schwangerschaft auftreten: Hinlegen! Auch wochen- oder monatelang.
Egal was das Problem ist, Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Blutungen, vorzeitige Wehen, verkürzter Gebärmutterhals, das Baby zu klein oder Präeklampsie (eine wirklich gefährliche Komplikation, bei der der Blutdruck der Mutter nach oben entgleitet).
Denis Peikert hat recherchiert und ist auf Maritta Kühnert gestoßen, leitende Oberärztin der Geburtshilfe am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, die sich ausgiebig mit Studien rund um die Empfehlung der Bettruhe in der SS befasst. 
Ergebnis: Humbug!
Bei mehr als 2 Tagen Bettruhe erhöht sich das Risiko für Embolien und Thrombosen evident. Bis auf die Situation, dass die Fruchtblase zu früh platzt und das Kind noch nicht richtig für die Geburt liegt, gibt es keine Komplikation, bei der Bettruhe hilft.
Auch die Cochrane Collaboration, ein Netz von Wissenschaftlern und Ärzten, hat in mehreren Überblicksstudien über Bettruhe bei Schwangeren, keinen Hinweis auf einen Vorteil gefunden.
Neben den genannten Risiken kann es auch zu Knochen- und Muskelschwund kommen, zu Gewichtsverlust und psychischen Problemen (Kein Wunder, bedeutet wochenlanges Liegen doch fast Gefängnis).
Woher kommt der Blödsinn? Bettruhe war Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode bei vielen anderen Erkrankungen. Was bei Knochenbruch und Herzinfarkt hilft, kann bei Schwangerschaft nicht schlecht sein.
Aber damals fehlten diagnostische Möglichkeiten und auch therapeutisch war man eingeschränkt. Es kam noch hinzu, dass Frauen das Liegen auch im Allgemeinen gerne (und viel häufiger als Männern) verordnet wurde. Hysterie galt damals als Krankheit und wurde mit körperlichem und geistigen Nichtstun kuriert.
Heute weiß man es besser: Bei vielen Erkrankungen ist die Frühmobilisation Standard.
Nur bei Schwangeren hält sich der Unfug. Der Arzt fürchtet sich davor, verantwortlich zu sein, wenn etwas passiert.
Besser wäre es genauer die Ursachen zu untersuchen, die die Schwangere krank macht. Zum Beispiel warum kommt es zu vorzeitigen Wehen? 
Nur langsam setzt sich ein anderer Ansatz durch: „körperliche Schonung“, also kein Sport, keine Bergwanderung, aber normale Bewegung und selbstverständlich Toilettengänge.
Und der Mutter die Angst nehmen, dass sie etwas falsch machen und das Kind schuldhaft verlieren könnte.