Informelles

Habe ich eine Entzündung?

11. März 2019

Der Patient hat Schmerzen in einem Abschnitt des Bewegungsapparats, nehmen wir an, dem Knie, und stellt diese Frage, eine der häufigsten Fragen in der orthopädischen Praxis. 
Nun könnte ich ungesehen mit „Ja“ antworten. Schmerz ist das Leitsymptom einer Entzündung und wenn ein Patient Schmerzen hat, egal wo, liegt eine Entzündung vor.
Genauer gesagt, spielt sich eine Entzündung ab. Denn eine Entzündung ist die Antwort des Körpers auf einen schädigenden Reiz.
Und so, wie es sehr viele, unterschiedliche Reize gibt, gibt es sehr viele, unterschiedliche Entzündungen und deshalb weiß der Patient eigentlich gar nichts, wenn ich mit „Ja“ antworte. Die Frage, die dem Patienten Aufschluss geben soll, wäre: „Was für eine Entzündung habe ich?“.
Wenn man in einen schmutzigen Nagel tritt und der ganze Vorfuß vereitert, ist das eine Entzündung. Eine bakterielle Entzündung (bE), die danach schreit, dass der Eiter operativ entlastet wird und dass Antibiotika verordnet werden. An diese bE denken Patienten oft, wenn sie die Frage stellen.
Es gibt aber viel mehr als die bE. Ein Sonnenbrand ist auch eine Entzündung. Und die Schwellung eines Fingers, den wir uns in der Tür quetschen, genauso. Wie alle verletzungsbedingten Schmerzen eine Entzündung bedeuten. Natürlich werden diese Entzündungen nicht mit Antibiotika behandelt.
Zurück zum Knie. Schmerzt das Knie, weil es z.B beim Fußball geprellt wurde, handelt es sich um eine Verletzungsentzündung. Ist der Patient im letzten Lebensdrittel und liegt kein Unfall vor, sondern allenfalls eine Überlastung, wird das Röntgenbild zeigen, dass der Verschleiß des Gelenks (Arthrose) die Basis war und die Überlastung zu einer Entzündung geführt hat. Eine Überlastungsentzündung, wir sprechen von einer aktivierten Arthrose, also einer Arthritis.
Sie können den Wortendungen entnehmen, um was es sich handelt. Arthros ist das Gelenk, die Endung -ose bedeutet Verschleiß. Die Endung -itis bedeutet Entzündung. Sie kennen es aus anderen Bereichen der Medizin, von der Appendizitis (Blinddarmentzündung) und Tonsillitis (Mandelentzündung), hier aber wieder eitrige, also bE.
Sie sehen, der Schmerz als solcher ist nicht besonders hilfreich in der Diagnosefindung. 
Bei den meisten nicht bakteriellen Entzündungen, verordnet der Arzt ein entzündungshemmendes Präparat (KEIN Antibiotikum!). Hier wird zwischen kortisonhaltigen und nicht kortisonhaltigen Präparaten unterschieden. Daraus kann man entnehmen, dass Kortison ein stark entzündungshemmendes Medikament ist (wenn es sich nicht um eine bakterielle Entzündung handelt). Und die einmalige Injektion in ein stark entzündetes Gelenk, kann in ganz kurzer Zeit zu einer erheblichen Verbesserung der Beschwerden führen. Die nicht kortisonhaltigen Medikamente nennen wir NSAR, was eine Abkürzung für NichtSteroidaleAntiRheumatika ist, der präzisen medizinischen Bezeichnung. Die gebräuchlichsten Wirkstoffe sind Diclofenac (Handelsnahme Voltaren) und Ibuprofen (Handelsname Ibuflam, aber auch viele andere).
Die Medikamente werden gerne von Patienten selbst abgesetzt, wenn der Schmerz erträglich geworden ist. 
Sehr zur Freude des Arztes, der damit die Entzündung behandeln will. Also bitte vor dem Absetzen den Arzt fragen!