Das würde ich in etwa denken, so berichteten mir kürzlich Patienten, zumindest nimmt man es an und ich hätte deshalb bei nahezu allen Erkrankungen als erste Idee: Abnehmen!
Das ist natürlich völliger Unsinn. Der Hype um „schöne Menschen“, um Body Mass Index (BMI) und Kleidergröße ist für mich nicht nachzuvollziehen. Nie würde ich im Bus, auf dem Marktplatz oder im Supermarkt jemanden ansprechen, um ihm mitzuteilen, dass er etwa 40 kg Übergewicht hat.
Jeder weiß in etwa was er wiegt, ob es gesund ist und er sich wohl fühlt. Und wenn er sich wohl fühlt, voila, dann ist doch alles OK.
Etwas ganz anderes ist es, wenn ein Patient meine Praxis aufsucht, weil er Schmerzen hat oder Bewegungseinschränkungen verspürt und ich im Rahmen der Untersuchung zu dem Schluß komme, dass das Gewicht eine Einfluß auf die Entstehung und den weiteren Verlauf der Erkrankung hat.
Dann bekommt das Gewicht eine Bedeutung und ich kann nicht übergehen, dass Gewichtsreduktion ein wesentlicher Bestandteil der Therapie sein sollte.
Ich möchte deshalb hier und vielleicht auch in späteren Beiträgen Grundsätzliches zum Übergewicht, Fehlernährung, Fehl- oder Nichtbewegung, genetische Disposition, gestörtem Fettstoffwechsel, Arthrose etc. zusammentragen.
Die „Dicke“ eines Menschen scheint genetisch disponiert zu sein. Darauf weisen eine Reihe von neueren Studien hin. Sehr selten gibt es ein im hohen Maße übergewichtiges Kind in einer ansonsten schlanken Familie. Ich selbst behandele einige Familien, in denen eigentlich alle übergewichtig sind.
Nun muss man sich aber darüber klar sein, dass mehr „vererbt“ wird als Gene, die die Summe der Fettzellen und deren Neigung Fett zu speichern bestimmen.
Es wird auch Verhalten vererbt, oder besser: vorgelebt. Das gilt für Essgewohnheiten (Essmengen, Zusammensetzung, Speisezeiten und kulturellen Hintergrund) genauso wie Bereitschaft, Sport zu treiben oder sich zumindest ausreichend zu bewegen. Diese Faktoren sind beeinflußbar!
Man muss nicht wie seine Eltern kochen, essen und Sport als Zuschauer betreiben. Um Einfluß auf sein Gewicht zu nehmen, sollte man also zunächst begreifen und auch einsehen, dass Änderung gut tut.
Wenn man dann etwas verändern möchte, muss man etwas verändern. Und zwar ein Leben lang.
In einem anderem Beitrag schreibe ich über kleine dicke Kinder, warum Diäten eigentlich nie funktionieren, wieso Übergewicht Gelenke zerstört und welchen Einfluß Gewicht auf den Verlauf einer Operation und die Rehabilitation hat. Bis dahin empfehle ich das Buch „Die Fettlöserin“ von Nicole Jäger, die 340kg gewogen- und (erst einmal) 170kg abgenommen hat. Ohne Diät, aber mit Änderung des Lebens. Ein Interview mit ihr ist im „STERN“ der ersten Februarwoche nachzulesen.